Der Grund, warum deine Schmerzen auf das Wetter reagieren

Dialog aus der Praxis.

Patient: Meine Schmerzen haben in letzter Zeit zugenommen.

Ich: Hast du eine Vermutung, warum das so ist?

Patientin: Nein. Ich habe nichts Besonderes getan. Vielleicht liegt es am Wetter.

Meiner Beobachtung nach hat das Wetter tatsächlich oft einen Einfluss. Es gibt viele Mechanismen, durch die das passieren kann. In diesem Beitrag werde ich einen davon beschreiben. 

Die Ursache kann in den Nerven liegen.

Normalerweise werden an den freien Nervenendigungen der sensorischen Nerven in Reaktion auf eine Stimulation elektrische Signale erzeugt und an das zentrale Nervensystem gesendet.

 

Diese können subjektiv als Schmerz empfunden werden und signalisieren eine drohende Gewebeschädigung.

Ich will dich hier nicht unnötig mit Neurophysiologie belasten, aber bei der Erzeugung von elektrischen Impulsen in der Nervenzelle der sogenannten Aktionsspotenziale spielen die Ionenkanäle eine große Rolle.

Sie sind in größerer Dichte dort zu finden, wo es keine Myelinscheide gibt, zum Beispiel an Synapsen und Nervenverbindungen.

Die Myelinscheide ist die Schicht, deren Aufgabe es ist, das Axon bzw. den langen Fortsatz der Nervenzelle zu schützen.

Unter bestimmten Umständen kann die Myelinscheide beschädigt werden und es können zusätzliche Ionenkanäle in das Axon eingebaut werden. 

Somit kann das Axon nicht nur Impulse weiterleiten, sondern auch selbst Impulse erzeugen. 

Diese Bereiche werden als abnorme impulserzeugende Stellen (AIGS) bezeichnet. 

 

Auf was reagieren die "AIGS"?

Je nach Konzentration und Spezifikation der Ionenkanäle können diese Stellen darauf reagieren:

1. Höhere Adrenalin-Spiegel als Folge von Angst, Stress oder Ärger.

2. Bewegung – zum Beispiel mechanischer Druck oder Ziehen.

3. Änderungen der Umgebungstemperatur.

Das deckt sich mit meinen Beobachtungen bei meiner Arbeit mit Patienten, bei denen manchmal Stress, Anspannung oder Wetterwechsel und nicht unbedingt mechanische Belastungen die Beschwerden verstärken. 

Wodurch können solche Nervenschäden entstehen?

Mechanische Kräfte können dazu führen, dass sich die Myelinscheide vom Axon ablöst.

Das kann zum Beispiel bei einer Verstauchung des Knöchels oder bei einer Operation wie einer Kniearthroskopie passieren. 

Krankheitsbedingte autoimmunologische Prozesse können ebenfalls eine demyelinisierende Wirkung haben, zum Beispiel bei Multipler Sklerose.

Eine Entzündung infolge eines Traumas kann ebenfalls dazu führen, dass sich die Myelinscheide vom Axon ablöst.

Bei einem Bandscheibenvorfall werden Phospholipase-a2, Thromboxane und Interleukine freigesetzt, die die umligenden Axone denervieren.

 

 

Es ist also nicht nur Einbildung.

Das Wichtigste für uns ist, dass wir dank dessen wissen, dass deine Beschwerden nicht nur das Ergebnis deiner Einbildung sein müssen.

Nicht alles, was unerklärlich ist, muss sofort als psychosomatisch bezeichnet werden.

Es können echte objektive neurologische Veränderungen dahinter stecken.

Was bedeutet das für die Therapie?

Ich werde die Entwicklung auf jeden Fall im Auge behalten und auf wissenschaftliche Studien warten.

Momentan konzentriere ich mich in der Therapie darauf, das Gewebe so weit wie möglich zu verbessern, damit so wenig wie möglich die Nerven reizt.

Auch wenn wir keinen direkten Einfluss auf die Nerven haben, können wir die Gelenkfunktion, den Muskeltonus und die Konsistenz des Bindegewebes beeinflussen.

Quelle: https://www.physiomeetsscience.net/abnorme-impulserzeugende-stellen-aigs-oder-das-verstehe-ich-nicht-wie-aus-dem-nichts-bekomm-ich-ploetzlich-einen-beinschmerz/