Die Degeneration der Bandscheiben ist nicht nur ein mechanisches Problem.

Wenn ich mit meinen Patienten mit Bandscheibenproblemen spreche, habe ich den Eindruck, dass sie das Problem nur aus einer mechanischen Perspektive betrachten.

Oft ist es die “ blöde Bewegung „, die für das Endergebnis einer Vorwölbung oder eines vollständigen Bandscheibenvorfalls verantwortlich ist.

Oder ist es eine mechanische Belastung bei der Arbeit, die das Problem verursacht.

Das ist aber nicht die ganze Geschichte. Tatsächlich muss eine Reihe von Dingen passieren, damit die Bandscheibe für diese „dumme Bewegung“ oder mechanische Überlastung anfällig wird.

In diesem Beitrag gehen wir näher auf die Entstehung von Bandscheibenproblemen ein.

Zunächst ein paar Grundbegriffe

Vielleicht bist du schon einmal auf den Namen Wirbelsäulensegment oder eine Beschreibung wie L4-L5 gestoßen. Dabei handelt es sich eigentlich um die vierte und fünfte Wirbelsäule mit einer Bandscheibe dazwischen.

Die Bandscheibe ist sehr widerstandsfähig gegen Kompression und dient so als Abstandhalter zwischen den beiden Wirbeln, ist aber gleichzeitig so flexibel, dass sie Beuge- und Drehbewegungen zulässt. 

Diese Kombination verleiht der Wirbelsäule eine außerordentliche Beweglichkeit.
 

Im Zentrum der Bandscheibe befindet sich der Gallertkern (Nucleus pulposus), dessen Matrix aus Typ-2-Kollagen und Proteoglykanen besteht, also aus großmolekularen Substanzen, die aus Kohlenhydraten und Proteinen bestehen. 

Zu ihnen gehört auch das so genannte Aggrecan, ein Protein, das hydrophil ist, d.h. sehr gut Wasser binden kann, wodurch ein Quelldruck entsteht, der den Faserring der Bandscheibe ausdehnt. 

Der Faserring besteht aus parallelen Schichten, bei denen die Kollagenfasern jeder einzelnen Schicht in einem Winkel von 120 Grad zueinander verlaufen. Dies ermöglicht Rotationsbewegungen.

Was hält das Ganze aufrecht?

Mit Ausnahme des äußeren Teils des Faserrings hat eine normale Bandscheibe keine Blutgefäße oder Nervenfasern.

Alles im Inneren wird von den Zellen reguliert, die die Matrix ständig ab- und wieder aufbauen.

In den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass die Biologie und der Stoffwechsel der Zelle eine Schlüsselrolle im Degenerationsprozess spielen könnten.

Es wurde beobachtet, dass mit dem Fortschreiten der Degeneration die Matrix-Zellen ihr Kollagensynthese verändern und die Aggrecan-Synthese verringern. Außerdem kann es als Folge des Zelltods zu einem Zellverlust kommen. 

Reduziertes Aggrecan führt zu einem geringeren Quelldruck, was zu einem Höhenverlust der Bandscheibe führt und den Faserring beeinträchtigt, in dem bestimmte Bewegungen und Belastungen Mikroverletzungen verursachen können. 

Wenn sich die Wirbelkörper annähern, kann dies eine größere Belastung für die Zwischenwirbelgelenke bedeuten. Die gesamte Mechanik des Segments ist beeinträchtigt. 

 

Ein Bandscheibenvorfall kann also das Ergebnis von Pech und einem wirklich unglücklichen Zufall sein, er kann aber auch das Ergebnis einer Häufung von Mikroverletzungen sein. 

Was bedeutet das für uns?

Wenn wir mit Bandscheibenproblemen zu tun haben, können wir in diesem Licht überlegen, ob unser Lebensstil den Stoffwechsel der Bandscheiben wirklich unterstützt und ob wir etwas tun können, um ihn zu verbessern.

Das kann uns viele Türen zu neuen therapeutischen Interventionen öffnen. 

Mehr dazu im nächsten Beitrag. 

Quelle:

Freemont AJ. The cellular pathobiology of the degenerate intervertebral disc and discogenic back pain. Rheumatology (Oxford). 2009 Jan;48(1):5-10. doi: 10.1093/rheumatology/ken396. Epub 2008 Oct 14. PMID: 18854342.